Wer kennt ihn nicht den Spruch – „Vorfreude – schönste Freude“. So oft höre ich Leute sagen, dass die Vorfreude an sich fast besser ist als der eigentliche Grund – aber ist das wirklich so? Wie viel Vorfreude ist gut? Wie viel davon brauchen wir und gibt es auch zu viel davon?
Eigentlich bin ich genau der Typ für Vorfreude – immer. Ich schaffe es für alles, für jede Kleinigkeit eine Mords-Begeisterung aufzubringen. Auch für Dinge mit denen ich davor noch nichts am Hut hatte. Ich kann mich für so vieles Begeistern, dass ist fast schon unheimlich. Darts zum Beispiel. Ich habe nichts mit Dart am Hut, so gar nicht. Okay, als Teenie hatte ich mal eine blinkende, lärmende Dartscheibe im Zimmer hängen aber das war es dann schon. Und dann Neujahr – sitze ich plötzlich gebannt vor dem TV und schaue einem Haufen angetrunkener Briten dabei zu, wie sie „onehunderteighteeeeeeeeee“ grölen und ihren Spieler anfeuern UND habe wahnsinnig Spaß dabei.
Und ja, wenn mich mein Mann manchmal nicht vernünftiger Weise zurückhalten würde, hätte ich bereits mehrere flauschige Meerschweinchen, eine Katze und lauter unsinnigen Krams. Zugegeben, meine überschwängliche Freude endet manchmal in Fehlkäufen oder spontanen Entscheidungen, die nicht die optimalsten sind – aber sei es drum, das ist es mir Wert. Verständlich, dass ich dann für Dinge, die ich ohnehin schon mag noch mehr Begeisterung und damit zwangsläufig auch unbändige Vorfreude entwickeln kann.
So ist mir das auch vor Kurzem wieder gegangen. Ich habe mich so richtig – so richtig richtig – gefreut als wir mal wieder Freunde zum Dinner zu uns eingeladen hatten. Freunde, die wir schon viel zu lange nicht mehr gesehen hatten, mit denen ich mich gerne austausche, unterhalte, einfach extrem gerne Zeit verbringe. Wir hatten es also geschafft einen Termin auszumachen, ich habe mir ein leckeres vier Gänge Menü überlegt, die Tischkarten liebevoll gestaltet, neue Tischsets im Vintage-Style gekauft, den guten Champagner kaltgestellt, meine Lieblings-Blumen besorgt und mir ein hübsches Kleid übergeworfen. Die ganze Woche über hatte ich diesen Samstag im Hinterkopf. Von Zeit zu Zeit kam mir der bevorstehende Abend wieder in den Sinn und ich musste vor mich hingrinsen. Ich plante alles durch wie es so meine Art ist, stellte mir vor wie schön es wird und wie glücklich wir alle sein werden.
Was soll ich sagen, genau so war es auch. Den ganzen Tag habe ich alle meine Vorbereitungen, Pläne umgesetzt als um 19:35 Uhr die Gäste an der Tür klingelten. Der Abend war toll, richtig schön, gemütlich, herzlich und natürlich lecker. Wir saßen lange zusammen, brachten uns auf den neusten Stand und genossen die Zeit zusammen.
Nachdem unsere Freunde gegangen, die Essensreste verstaut und die Gläser abgewaschen waren, bin ich müde und leicht betüttelt schlafen gegangen – und dann war es da – diese Gefühl. Es hat sich fast schon ein bisschen leer angefühlt. Die Vorfreude, die sich im Laufe des Abends in Freude gewandelt hatte wich aus mir. Ich schlief zwar glücklich, aber eben mit einem kleinen Beigeschmack ein und wachte leider gar nicht mehr glücklich auf. Nach so einem Abend fühle ich mich am nächsten Tag manchmal, als ob ich einen dicken, fetten emotionalen Kater hätte. Das Gefühl viel zu viel Glück und Freude aufgebraucht zu haben schleicht sich ganz langsam mehr und mehr ein. In diesen Momenten frage ich mich, ob es nicht besser wäre, wenn ich mit der Vorfreude „sparsamer“ wäre – mich sozusagen mit Handbremse freue, um dann nicht so traurig zu sein, wenn es vorbei ist.
Okay, meistens frage ich mich das nicht allzu lange, nach ein paar Stunden lässt das gemeine Gefühl wieder nach und ganz oft habe ich schon wieder das nächste Highlight im Blick. Unschön ist es aber trotzdem. Wer will sich schon traurig oder leer fühlen. Wenn ich nicht auf Anhieb den nächsten Grund für unbändige Vorfreude finde, dann gehe ich ein bisschen in mich. Und ganz ehrlich, irgendetwas finde ich immer. Es muss ja auch nicht jedes Mal was Großes, was Riesiges sein. Ich freue mich dann eben auf den nächsten Besuch auf dem Wochenmarkt, darauf morgens bei tollem Wetter schwimmen zu gehen, oder auf einen gemütlichen Abend mit meinem Mann. Die kleinen Dinge sind es, die mich dann wieder motivieren und mich zu guter Laune, einem erfüllten Gefühl bringen.
Denn auch wenn gerade kein Urlaub, keine Hochzeit oder Party ansteht, es kommt garantiert bald wieder etwas, auf das ich mich mit vollem Elan stürze kann. Wenn ich so darüber nachdenke, dann überragt meine riesige Vorfreude eigentlich immer die paar Stunden des emotionalen Katers. Und wenn er wieder da ist, dann bin ich mir sicher, dass ich ihn auch ihn wieder gut überstehen werde. Zur Not helfen ja immer noch die Tricks von meiner „Notfall ToDo Liste„.